Noch eine Woche bis zur /8 Sternfahrt Hamburg

Aus gegebenen Anlass bringen wir hier die komplette Pressemitteilung der DaimlerAG vom 09.12.2007 zur Fahrzeugbaureihe W114 / 115. Wer mehr von diesen Fahrzeugen in Ihrer großen Vielfalt erleben möchte, der ist am kommenden Wochenende vom 26. – 28. Juli 2019 gern gesehener Gast beim Jahrestreffen des MB /8 Club Deutschland e.V.

Weitere Infos unter www.Sternfahrt.net

 


Pressemappe: Mercedes-Benz „Strich Acht“

Ewig jung: Mercedes-Benz „Strich-Acht“ (Baureihen W 115/114)
  • Erste eigenständige Karosserieform für die mittlere Baureihe
  • 1,919 Millionen Fahrzeuge von 1968 bis 1976 gebaut
  • Drei Karosserievarianten: Limousine, Langversion und erstmals ein Coupé der mittleren Baureihe
  • Fünfzylinder-Dieselmotor im Personenwagen als Weltpremiere

Strahlender Auftritt: Bilux-Scheinwerfer im 230/8 (Baureihe 114) von 1968

Sportlich, elegant, modern und vor allem eigenständig: Die neuen Mercedes-Benz Typen der mittleren Baureihen W 115 und W 114 begeistern Fachleute und Öffentlichkeit, als sie im Januar 1968 erstmals in den Medien vorgestellt werden. Die nach ihrem Geburtsjahr unternehmensintern mit dem Kürzel /8 versehene Fahrzeugfamilie wird bald liebevoll „Strich-Acht“ gerufen. Mercedes-Benz verabschiedet sich mit diesem Fahrzeug vom bisherigen Konzept der baureihenübergreifenden Einheitskarosserie, das seit der Nachkriegszeit insbesondere für die Stilrichtungen Ponton und Heckflosse gegolten hat. Zu den technischen Höhepunkten des neuen Modells zählen unter anderem die Diagonal-Pendelachse und im Typ 240 D 3.0 der Fünfzylinder-Dieselmotor.

Die Stuttgarter stellen nach der neuen Oberklasse von 1965 (Baureihen W 108 und W 109) nun erstmals einen formal und technisch eigenständigen Entwurf für Automobile der oberen Mittelklasse vor. Das Ideal der klaren Linienführung des S-Klasse Vorgängers W 108/109 ist bei den Strich-Acht-Typen noch konsequenter umgesetzt. Die Limousine zeugt von Solidität und der Liebe zur technischen Innovation, sie spiegelt das Bewusstsein ihrer Entwickler um die neu definierte Rolle einer mittleren Baureihe wider.

Genügsamer Dauerläufer: Motorraum des Mercedes-Benz 200 D von 1967 aus der Baureihe W 115.

Schon zur ersten Pressevorstellung im Januar 1968 in Sindelfingen fällt das Medienecho hervorragend aus. Das ebenso erfolgreiche offizielle Debüt folgt im März auf dem Automobilsalon in Genf. Zunächst umfasst die Modellpalette sechs Limousinen: Die Vierzylindertypen 200, 220, 200 D und 220 D bilden die Baureihe W 115, die beiden Sechszylindervarianten 230 und 250 erhalten die Baureihenbezeichnung W 114. Als Spitzenmodell unterscheidet sich der Mercedes-Benz 250 von den anderen Typen durch seine Doppelstoßstange vorn.

Vom viel gelobten Debütanten ist es nur ein kleiner Schritt zum Verkaufsschlager. Die Nachfrage ist von Beginn an groß und sorgt bald für lange Lieferzeiten. Insgesamt werden fast zwei Millionen Exemplare der Strich-Acht-Baureihen von 1968 bis 1976 gebaut. Das sind nahezu ebenso viele Fahrzeuge, wie von allen Personenwagen-Baureihen der Marke Mercedes-Benz zusammen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs bis 1968 produziert worden sind. Der Strich-Acht hat sich als vielseitig eingesetztes Erfolgsmodell etabliert, das anspruchsvolle Fahrer begeistert.
Einen wichtigen Beitrag zu dieser Entwicklung leistet sicher die breite Modellpalette: Die Motorisierung der Strich-Acht-Familie reicht am Ende der Bauzeit von den Einstiegstypen bis zu den Spitzenversionen 280 E (1972) und 240 D 3.0 (1974). Außerdem gibt es neben der klassischen Limousine auch eine Limousine mit langem Radstand und – erstmals bei Mercedes-Benz in diesem Marktsegment – ein Coupé des Strich-Acht. Ein Kombinationskraftwagen ist zusätzlich geplant und wird bis fast zur Serienreife entwickelt. Gebaut wird diese Karosserievariante aber schließlich erst in der Nachfolgebaureihe 123. Stattdessen bieten verschiedene unabhängige Karosseriebauer entsprechende Umbauten an.
Mit dem Strich-Acht geht 1968 von Stuttgart eine konstruktive Revolution aus, die das Fundament legt und Maßstäbe setzt für die späteren Generationen der mittleren Baureihe von Mercedes-Benz, der heutigen E-Klasse. Über die neunjährige Bauzeit hinaus ist der Strich-Acht zu einer Ikone der Automobilkultur der 1960er und 1970er Jahre geworden. Mittlerweile sind die Fahrzeuge der Baureihen 115 und 114 längst hoch geschätzte Klassiker und zählen zum Oldtimerbestand.
1947: Die Vorgeschichte der mittleren Baureihe beginnt mit dem 170 V
Der 1968 vorgestellte Strich-Acht ist nach Jahren der Einheitskarosserie die erste Limousine der oberen Mittelklasse mit eigenständiger Form und Technik, das die Stuttgarter Marke baut. Allerdings gründet diese neue Entwicklung auf einer langen Tradition von Automobilen der Marke in diesem Marktsegment. Schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lanciert Mercedes-Benz Fahrzeuge, die sich an die gehobene Mittelschicht wenden. Als ein Beispiel gilt der auf Basis des Mercedes-Benz 3/38 PS entwickelte Typ Stuttgart 200 aus dem Jahr 1928: „Den ersten preisgünstigen Stern-Wagen der Mittelklasse“ nennen die Fachautoren Michael Rohde und Jens-Peter Sirup diesen von Ferdinand Porsche entwickeltn Typ. Heribert Hofner sieht dagegen in seiner Monographie zum Strich-Acht eher den Mercedes-Benz 170 (W 15) von 1931 als direkten Ahn der mittleren Baureihe: Die Kennzeichen des Wagens seien modernste Technik, ein für diese Automobilklasse ungewöhnlicher Sechszylindermotor und das elegante Auftreten.
Eindeutig zuordnen lässt sich die Familiengeschichte der späteren E-Klasse vor allem seit der Nachkriegszeit: Der Mercedes-Benz 170 V des Jahres 1947 (Baureihe W 136) markiert den Neubeginn der Personenwagenproduktion bei Mercedes-Benz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. In den folgenden Monaten und Jahren wurden im Rahmen der Baureihen 136 und 191 weitere Typen auf den Markt gebracht, die ebenfalls unterhalb der Oberklasse positioniert waren. Konstruktiv basierten diese Typen jedoch noch auf Entwicklungen aus der Vorkriegszeit.
Mit selbsttragender Karosserie und zeitgenössischer „Three Box“-Karosserie (Vorbau – Fahrgastzelle – Kofferraum) setzen die als „Ponton-Mercedes“ bekannt gewordenen Typen 180 und 190 der Baureihen W 120 und W 121 im Jahre 1953 eine historische Marke in der Personenwagengeschichte von Mercedes-Benz. Zusammen mit dem hochmodernen Konzept führen die Stuttgarter auch eine gemeinsame Karosserie für diese Typen der oberen Mittelklasse und die Oberklasse-Fahrzeuge der Baureihen 180 und 128 ein. Die großen Ponton-Limousinen mit Reihensechszylindermotor unterscheiden sich von den Vierzylinder-Baureihen W 120 und W 121 durch einen längeren Radstand und einen größeren Motorraumvorbau, was ihnen eine großzügigere Silhouette verleiht.
Ähnlich fallen auch die Unterschiede zwischen den Vierzylinder- und Sechszylinderversionen der 1961 vorgestellten Heckflossen-Baureihe aus: Gegenüber den Oberklasse-Limousinen haben die Typen 190 und 190 D (später 200, 200 D und 230) der Baureihe W 110 eine kürzere Motorhaube und außerdem runde statt hochkant stehende, rechteckige Scheinwerfer. Erstmals bietet Mercedes-Benz von der Heckflosse auch serienmäßige Kombiversionen an, die unter der Bezeichnung „Universal“ in Belgien bei IMA gebaut werden.

Skizze des Designers Friedrich Geiger zur mittleren Baureihe W 114/115.

1961: Beginn der Entwicklung des Mercedes-Benz der Neuen Generation

Unter der Leitung von Dr.-Ing. Fritz Nallinger – Mercedes-Benz Chefingenieur, Vorstandsmitglied und Technischer Direktor der Daimler-Benz AG – beginnt 1961 die Arbeit an der neuen oberen Mittelklasse. Die technische Struktur des kommenden Fahrzeugs bestimmt Karl Wilfert, Leiter der Karosserieentwicklung. Für das Design zeichnet Paul Bracq verantwortlich, unterstützt von Bruno Sacco. Diese neue mittlere Klasse soll ein eigenständiges Erfolgsmodell werden, das ist von Anfang der Entwicklung an klar. Die Einheitskarosserie ist daher keine Option mehr. Als Konsequenz aus dieser Erkenntnis stellt Mercedes-Benz bereits 1965 den W 108 vor, ein vollkommen eigenständiges Oberklassefahrzeug. 1968 wollen die Stuttgarter ein Pendant dazu für die obere Mittelklasse auf den Markt bringen, den Mercedes-Benz einer neuen Generation.
Chefingenieur Nallinger hat schon 1960 wichtige Eckpunkte für das kommende Fahrzeug festgelegt: Die Konstruktion soll im direkten Vergleich zu dem Oberklasse-Typ deutlich kompakter ausfallen als es bisher der Unterschied zwischen Vierzylinder- und Sechszylindervarianten der Einheitskarosserie erlaubte. Entsprechend wichtig ist bei kleineren Außenmaßen die gute Raumökonomie der Fahrgastzelle. Und die Form soll einem Ideal der schlichten Eleganz entsprechen, statt modischen Trends zu folgen.
1964 zeigen die Modelle bereits die Formen der späteren Limousine. Zu dieser Zeit wird aber noch eine unterschiedliche Gestaltung der Fahrzeugfront diskutiert. Angelehnt an die ehemalige Unterscheidung zwischen Vier- und Sechszylindervarianten sollen die schwächer motorisierten Versionen der neuen Typenfamilie eine schlichtere Front mit quer angeordneten, rechteckigen Scheinwerfern bekommen. Anfang 1965 fällt schließlich eine Entscheidung gegen diese Ausdifferenzierung, von der später noch die beiden Baureihennummern 115 und 114 zeugen. In diesem Jahr übernimmt Professor Dr. Hans Scherenberg die Projektleitung, da Nallinger in den Ruhestand tritt.

Schlanke Linie: Sportliche Eleganz zeigten die Mercedes-Benz Coupés der „Strich-Acht”-Familie. Zu haben waren die Typen 250 C, 250 CE, 280 C und 280 CE.

Neben der Limousine werden als weitere Karosserievarianten ein Coupé, eine Limousine mit langem Radstand und ein Kombinationskraftwagen entwickelt. Während der sportlichere Zweitürer und die Langversion der Limousine tatsächlich in Produktion gehen, bleibt dem Kombi schließlich doch die Serienfertigung verwehrt. Allerdings lässt sich das Grunddesign des Hecks später mit nur geringen Veränderungen sehr harmonisch auf die nächste Baureihe W 123 übertragen.

Während bei den ausführlichen Erprobungsfahrten die Tarnung der Prototypen immer mehr zurückgenommen wird, beginnt 1967 die Einrichtung der Produktionsanlagen im Werk Sindelfingen. Insgesamt 1100 Vorserienfahrzeuge der vorläufig auf sechs Typen beschränkten Baureihen entstehen vor dem Marktstart.
1968: Premiere in Sindelfingen und Genf
Mercedes-Benz präsentiert den Strich-Acht 1968. Journalisten wird die neue Baureihe im Januar in Sindelfingen gezeigt; die breite Öffentlichkeit hat erstmals im März auf dem Internationalen Automobilsalon in Genf die Gelegenheit, die neue Limousine zu begutachten. Die sechs zunächst lieferbaren Typen stoßen auf breite Zustimmung bei Fachleuten und Publikum. Die zum Debüt in einem Artikel der Fachzeitschrift auto motor und sport geäußerte Einschätzung, Mercedes-Benz habe mit diesem Typ einen „ stilistischen Linksruck“ gewagt, dürfte allerdings vor allem den gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen von 1968 geschuldet sein.
Das Lob der klaren, klassisch-modernen Linienführung und des frischen, sportlichen Auftritts verdient der Strich-Acht dafür umso mehr. Der automobile Identität stiftende „ Mercedes-Touch“ sei dabei voll und ganz erhalten geblieben, betont Heribert Hofner in seiner 2004 erschienenen Baureihen-Biografie. Und tatsächlich haben Designer und Ingenieure eine Aufgabe gut bewältigt, die Mut zur Innovation und Feingefühl verlangt: Einerseits wird nun eindeutiger zwischen Oberklasse und oberer Mittelklasse im Mercedes-Benz Programm differenziert als bisher. Andererseits zeigt sich weiter die familiäre Nähe zwischen den nun unabhängig voneinander auftretenden Typen sowie ihre Herkunft aus der Heckflossen-Generation.
Start mit sechs Limousinen
  • Herausragende Fahreigenschaften dank der „ Diagonal-Pendelachse“
  • 1972 bekommt die mittlere Baureihe neue Motoren

Basismodell in feinem Rot: Mercedes-Benz 200.

Zunächst tritt der neue Mercedes-Benz mit sechs Limousinen an. Die Typen 200 und 220 werden von dem neuen Vierzylinder-Vergasermotor M 115 mit zwei Liter Hubraum (70 kW/95 PS) beziehungsweise 2,2 Liter Hubraum (77 kW/105 PS) angetrieben. In den Diesel-Varianten 200 D und 220 D arbeitet der ebenfalls neue Motor OM 615 in einer Zweiliter-Version mit 40 kW (55 PS) respektive einer 2,2-Liter-Variante mit 44 kW (60 PS) Leistung. Der 2,3-Liter-Reihensechszylinder M 180 des Typ 230 ist bereits aus dem Vorgängermodell bekannt, er leistet 88 kW (120 PS). Neu in die Motorenpalette kommt der 2,5-Liter-Reihensechszylinder M 114, der 96 kW (130 PS) mobilisiert. Bei den neuen Ottomotoren beider Baureihen setzt Mercedes-Benz auf bewährte Technik: Die Typen 200 und 220 (M 115) sowie 250 (M 114) erhalten Vergaser-Reihenmotoren mit zwei hängenden Ventilen je Zylinder und einer obenliegenden Nockenwelle. Die Vierzylinderaggregate (Otto- wie Dieselmotoren) erweisen sich als so zuverlässig, dass auch die 1976 folgende Baureihe 123 zunächst mit den Motoren M 115 und OM 615 ausgestattet wird.

Hinsichtlich Radstand und Gewicht ist die mittlere Baureihe seit dem Ponton (2,65 Meter und 1,22 Tonnen) über Heckflosse (2,70 Meter und 1,28 Tonnen) zum Strich-Acht (2,75 Meter und 1,36 Tonnen) konsequent gewachsen. Die Gesamtlänge des neuen Typs liegt jedoch mit 4,68 Meter unter der Baureihe W 110 – das neue Verhältnis von Gesamtlänge der Karosserie zum Radstand unterstreicht mit ausgewogenen Proportionen die klare Linienführung in der Silhouette. Das zusätzliche Gewicht ist vor allem Maßnahmen der passiven Sicherheit geschuldet, die Überlegungen des Mercedes-Benz Ingenieurs Béla Barényi umsetzen, einem Pionier auf diesem Gebiet.
Die Diagonal-Pendelachse
Das hervorstechende konstruktive Detail der neuen Baureihe liegt unter dem Kofferraum: Die Strich-Acht-Typen sind mit der sogenannten „Diagonal-Pendelachse“ ausgestattet. Damit hat nun erstmals ein Mercedes-Benz Serien-Pkw eine Schräglenker-Hinterachse. Gegenüber den Vorgängermodellen bringt die neue Achse deutlich verbesserte Fahreigenschaften, ohne dass dabei Einbußen beim Fahrkomfort entstehen.
Die verbesserten Fahreigenschaften erkennen auch internationale Automobiljournalisten, die im Dezember 1967 zu einem ersten Fahrtest auf die alte Strecke der Targa Florio nach Sizilien eingeladen werden. Schnee, Glatteis und die schmalen Bergstraßen der Madonie verlangen dem Fahrwerk viel ab, doch der Strich-Acht bewährt sich hervorragend.
Die Diagonal-Pendelachse ist die Weiterentwicklung der 1954 im 220a vorgestellten Eingelenk-Pendelachse, die von 1955 an in allen Mercedes-Benz Personenwagen eingesetzt wird. In teureren Fahrzeugen wird die Eingelenk-Pendelachse durch weitere Bauteile wie eine zusätzliche waagrechte Ausgleichs-Schraubenfeder, Luftkammer-Federbälge, hydropneumatischen Niveau-Ausgleich und Drehstab-Stabilisator ergänzt. In der S-Klasse wird diese Achse bis 1972 verwendet, im Mercedes-Benz 600 (Baureihe W 100) sogar bis 1981. Vorreiter bei der Einführung der Diagonal-Pendelachse, die unter anderem Gummi-Zusatzfedern und einen serienmäßigen Drehstab-Stabilisator aufweist, sind die Strich-Acht-Modelle.

Mercedes-Benz „Strich-Acht“-Coupé der Baureihe W 114; Exterieur

Erstmals ein Coupé in der mittleren Baureihe

Im November 1968 wird das Typenprogramm des neuen Mercedes-Benz durch die Coupés 250 C und 250 CE nach oben abgerundet. Im gleichen Winter wird auch eine Limousine mit langem Radstand vorgestellt. Doch vor allem die Präsentation des sportlichen Zweitürers ist eine Premiere, die besondere Aufmerksamkeit auf sich zieht. Schließlich ist zum ersten Mal nun auch in der oberen Mittelklasse der Stuttgarter Marke eine Coupé-Version als exklusive Variante verfügbar.
Doppelt exklusiv fällt unter den beiden Coupés der 250 CE aus. Denn seine Motorisierung mit dem 2,5-Liter-Einspritzmotor (110 kW/150 PS) bleibt allein dieser Karosserieform vorbehalten. Im 250 CE wird erstmals in einem Mercedes-Benz Serien-Pkw die Bosch D-Jetronic eingesetzt, eine elektronisch gesteuerte Kraftstoff-Einspritzanlage, mit der auf die seither übliche mechanisch geregelte Mehrstempel-Einspritzpumpe verzichtet werden kann.
Im Vergleich zu späteren Coupés auf Basis der E-Klasse sind jene der Baureihe W 114 formal sehr stark an die Limousine angelehnt: Weder Radstand noch Gesamtlänge ändern sich, der veränderte Dachaufsatz macht sich neben dem Wegfall der B-Säule vor allem durch eine fast fünf Zentimeter niedrigere Dachlinie sowie die stärkere Neigung von Windschutz- und Heckscheibe bemerkbar.

Mehr Platz: Die „Strich-Acht”-Limousine war auch mit einem um 65 Zentimeter verlängerten Radstand zu haben.

Mehr Platz: Limousinen mit langem Radstand

Noch exklusiver – zumindest was Preise und Stückzahl angeht – fällt eine dritte Karosserievariante aus, die Mercedes-Benz im Dezember 1968 vorstellt: Die Limousine mit einem um 65 Zentimeter verlängertem Radstand bietet auf drei Sitzreihen dem Fahrer und sieben Passagieren Platz. Eine Achtsitzer-Limousine gab es bereits schon bei der kleinen Heckflosse. Zunächst ist diese teuerste und in geringster Stückzahl – es sind dennoch fast 10 0000 Stück – produzierte Variante des Strich-Acht als Typ 220 D und 230 lieferbar. Im Herbst 1973 kommt der 240 D dazu.

Für Chauffeur und sieben Passagiere: Die Mercedes-Benz Typen 220 D lang und 230 lang vom Dezember 1968 hatten jeweils acht Sitzplätze.

Die Langlimousine kommt hauptsächlich als Taxi, Mietwagen und bei Reiseunternehmen, Fluggesellschaften, Konsulate und Behörden zum Einsatz. Weil dabei sportliche Fahrleistungen weniger gefragt sind als wirtschaftlicher Verbrauch, fällt der Diesel-Anteil bei den Achtsitzern über die gesamte Baureihe sehr hoch aus: Knapp 78 Prozent aller Limousinen werden mit Selbstzündermotor geordert – das ist ein deutlich höherer Anteil als bei den Limousinen mit normalem Radstand.

Für die letzte Reise: Bestattungsfahrzeug auf einem Fahrgestell vom Typ Mercedes-Benz 230, 1968 bei Pollmann gebaut.

Fahrgestelle für Aufbauten

Beide Karosserievarianten der Limousine sind traditionsgemäß als Fahrgestelle mit Teilkarosserie zu haben. Diese werden von Aufbauherstellern im In- und Ausland mit Sonderaufbauten versehen. Insbesondere Krankenwagen, Feuerwehrautos, Bestattungsfahrzeuge und andere branchenspezifische Spezialversionen entstehen so. Einen hohen Bekanntheitsgrad erlangten vor allem die Krankenwagen-Aufbauten der Firmen Binz in Lorch und Miesen in Bonn. Zu den bekanntesten Herstellern von Bestattungswagen gehören die Karosseriebau-Unternehmen Pollmann in Bremen, Rappold in Wülfrath, Stolle in Hannover und Welsch in Mayen. Aber auch Kombiwagen gehören zu den Sonderausführungen, die unabhängige Karosseriebauer zunächst von den Typen 220 D, 220 und 230 (kurz) sowie 220 D und 230 (lang) liefern. Nach der Modellpflege im Herbst 1973 sind 240 D, 230.4 und der Sechszylindertyp 230.6 als Fahrgestelle lieferbar.

Fertig für den Umbau: Mercedes-Benz Limousine der Baureihe W 115 als Fahrgestell für Sonderaufbauten.

Neue Motoren für die mittlere Baureihe

Im April 1972 ergänzen die Typen 280 und 280 E die Modellpalette. Beide sind als Limousine und als Coupé zu haben und werden vom neu konstruierten 2,8-Liter-Motor M 110 angetrieben. Der Sechszylinder hat V-förmig hängende Ventile und zwei obenliegende Nockenwellen. In der Vergaserversion leistet er 118 kW (160 PS) und mit Saugrohreinspritzung 136 kW (185 PS).

185 PS (136 kW) dank Elektronik: Der Motor M 110 des Mercedes-Benz 280 E mit Einspritzanlage D-Jetronic sowie Leichtmetall-Zylinderkopf.

Von den weniger leistungsstarken Varianten sind die Limousinen der neuen Spitzenmodelle der Baureihe auch ohne Typenschild zu unterscheiden: Zusätzlich zur vom Typ 250 bekannten vorderen Doppelstoßstange haben sie eine bis zu den Radausschnitten reichende hintere Stoßstange sowie zwei Auspuff-Endrohre. Beim Coupé löst der 280 C den 250 CE ab, der aus der Produktion genommen wird. Der 280 CE mit dem 136 kW (185 PS) starken Einspritzmotor erweitert das Leistungsspektrum der Baureihe und wird zum neuen Spitzenmodell.

Seit dem Erscheinen des 280 und 280 E wird der Typ 250 nicht mehr mit dem seitherigen Motor ausgeliefert, sondern mit dem 2,8 Liter-Aggregat M 130, das aus den Baureihen W 108 und W 109 bekannt ist. Im Strich-Acht kommt der Motor in einer leicht gedrosselten Variante mit 96 kW (130 PS) zum Einsatz. Die Exportausführung des Typ 250 für USA und Kanada ist bereits seit Juli 1970 mit diesem Motor ausgerüstet.

Edle Form: Seitenansicht des Mercedes-Benz 280/280 E aus dem Jahr 1971.

1973: Modellpflege für den Strich-Acht

Die Fahrzeugsicherheit steht im Vordergrund, als im September 1973 alle Varianten der Baureihen 114 und 115 einer umfangreichen Modellpflegemaßnahme unterzogen werden. Viele der neuen Details werden dabei von den SL- und SLC-Typen der Baureihe 107 sowie der aktuellen S-Klasse (W 116) übernommen. Dazu gehören zum Beispiel beweglich gelagerte, von innen verstellbare Außenspiegel sowie schmutzabweisende Zierblenden an den A-Säulen, die die Seitenscheiben auch bei widrigen Witterungsverhältnissen sauber halten, und eine Regenrinne an der Heckscheibe.

Viele neue Details prägen die zweite Generation des „Strich-Acht” nach der Modellpflege im Jahr 1973. Auffallend sind unter anderem die profilierten Rückleuchten.

Besonders auffallend in der Heckansicht sind die profilierten, verschmutzungsarmen Rückleuchten. Dieses sicherheitsrelevante Design-Element prägt die Wahrnehmung von Personenwagen von Mercedes-Benz in den nächsten Fahrzeuggenerationen. Das ebenfalls von den Baureihen R 107/C 107 und W 116 bekannte Vierspeichen-Sicherheitslenkrad ist bereits ein halbes Jahr vor der Modellpflege in die Serienproduktion der Strich-Acht-Typen eingeflossen. Von März 1973 an gehören dann auch Kopfstützen und Automatik-Sicherheitsgurte auf den Vordersitzen zur Serienausstattung der Baureihe 114/115.

Diesel-Quartett: Die Selbstzünder der Baureihe W 115 vom 200 D über 220 D und 240 D bis zum 240 D 3.0.

Die verbesserten Typen werden auch optisch aktualisiert und dabei besonders dem Erscheinungsbild der S-Klasse angepasst: Der Kühlergrill wird niedriger und breiter, die Ausstellfenster in den Seitenscheiben fallen weg, die Kennzeichenblende wird auf der vorderen Stoßstange befestigt statt darunter, und der Griff des Kofferraumdeckels bekommt eine andere Form. Weil auch die Bugschürze dem Design der S-Klasse angeglichen wird, verlieren die Typen 250 bis 280 E nun – zusammen mit den Coupés – ihre Doppelstoßstangen vorn. Optisch heben sich als einzige Limousinen der Baureihe die Typen 280 und 280 E weiterhin von den anderen Varianten ab, denn ihre lange hintere Stoßstange haben die Designer belassen.

Fünf sind Trumpf: Kurbelwelle mit fünf Zylindern in einer Reihe aus dem Mercedes-Benz 240 D 3.0 von 1974.

Fünfzylinder-Dieselmotor im Pkw als Weltpremiere

Auch neue Vierzylindermotoren bringt die Modellpflege mit sich. Seit Herbst 1973 markiert der OM 616 (48 kW/65 PS) im Typ 240 D die vorläufige Spitze der Diesel-Modellpalette. Die 2,3-Liter-Version des M 115 mit 81 kW (110 PS) Leistung ist der Antrieb des neuen Typ 230.4, der den 220 ersetzt. Der Zusatz „.4“ in der Typenbezeichnung des neuen 230ers ist notwendig, weil die Sechszylindervariante mit gleichem Hubraum weiter produziert wird. Dieser ursprüngliche 230er wird zur exakten Unterscheidung jetzt als Typ 230.6 angeboten.
Im Juli 1974 schließlich setzt Mercedes-Benz wieder einmal Maßstäbe in der Entwicklung der Diesel-Technologie: Der Typ 240 D 3.0 der Baureihe W 115 ist der erste Fünfzylinder-Diesel-Pkw in Serienproduktion. Sein Motor OM 617 ist als Vorkammer-Diesel mit drei Liter Hubraum konstruiert, leistet 59 kW (80 PS) bei 4000/min und hat ein Drehmoment von 17,5 mkg bei 2400/min.
Mit einer Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in 19,9 Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 148 km/h ist der 240 D 3.0 der spurtstärkste und schnellste Diesel-Pkw der Welt. Fünfzylinder-Dieselmotoren werden 1974 zwar schon in Lastwagen und als Stationäraggregate eingesetzt. Doch im Pkw ist ein solches Aggregat eine Neuheit – damit verschiebt Mercedes-Benz die Leistungsgrenze, an die bisherige Vierzylinder-Dieselmotoren im Personenwagen gelangt sind, deutlich nach oben.
Weil statt der mechanischen Abstellvorrichtung des 2,4-Liter-Motors eine pneumatische Einrichtung zum Einsatz kommt, kann das Aggregat nun mit dem Zündschlüssel ausgeschaltet werden. Das Anlassen der Maschine erfolgt beim 240 D 3.0 ebenfalls durch das Umdrehen des Zündschlüssels und nicht, wie bisher, durch Ziehen eines Hebels – eine Weiterentwicklung, die damals einen deutlichen Komfortsprung darstellt.
Im Vergleich zu anderen Dieselfahrzeugen punktet der 240 D 3.0 mit kultivierter Laufruhe und Wirtschaftlichkeit, der Verbrauch beträgt 10,8 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Damit wird das Auto zu einem Wegbereiter des späteren Diesel-Erfolgs im Personenwagen. Mercedes-Benz setzt den Fünfzylinder-Diesel auch in anderen Fahrzeugen ein: So zum Beispiel von 1978 an in der S-Klasse 300 SD (Baureihe W 116) für den Amerika-Export und im Experimentalwagen C 111-IID.
Der Abschied eines Klassikers
Im Januar 1976 stellt Mercedes-Benz die Baureihe 123 vor, den Nachfolger des Strich-Acht. Die Produktion der Baureihe 115/114 wird aber nicht etwa gleich eingestellt, sondern läuft noch ein ganzes Jahr bis Dezember 1976 weiter. Grund für diese parallele Produktion sind die langen Lieferzeiten für den neuen W 123 und die weiterhin große Nachfrage nach dem bewährten Strich-Acht. Insbesondere Taxi-Unternehmen ordern noch einmal Limousinen der Baureihe für den Einsatz als Motordroschke.
Dem Taxi-Gewerbe ist die Baureihe besonders eng verbunden. Immerhin hat der Strich-Acht als weit verbreitete Motordroschke den 1970 für Neuwagen vorgeschriebenen Wechsel der deutschen Taxi-Landschaft vom schwarzen Lack auf die Farbe Hellelfenbein (Code RAL 1015) mitgemacht. Aber nicht nur deutsche Taxifahrer bleiben dem Strich-Acht über viele Jahre hinweg gewogen. Der Mercedes-Benz mit der höchsten bekannten Kilometerleistung ist ein griechisches Taxi vom Typ 240 D, Baujahr 1976. Sein Besitzer, der Taxifahrer Gregorios Sachinidis aus Thessaloniki, hat darin 4,6 Millionen Kilometer zurückgelegt. Seit 2004 gehört der Wagen zur Sammlung des Stuttgarter Mercedes-Benz Museums.

Weltrekordler: Gregorios Sachinidis und sein Mercedes-Benz 240 D von 1976 mit einer Laufleistung von 4,6 Millionen Kilometer.19

Fahrzeuge wie das Weltrekord-Taxi unterstreichen den Ruf des Strich-Acht als unverwüstlicher und zuverlässiger Dauerläufer einmal mehr. In der Begeisterung der Young- und Oldtimergemeinde für die Baureihen W 115 und 114 schwingt diese bereits von den Zeitgenossen des Strich-Acht ausgesprochene Anerkennung bis heute mit. Nachwirkungen zeigt die erste eigenständige Modellfamilie der mittleren Baureihe von Mercedes-Benz aber nicht nur als gepflegter Klassiker: Auch Fahrzeuge der ESF-Reihe der Daimler-Benz Forschung (Experimental-Sicherheits-Fahrzeug), mit denen Techniken wie Anti-Blockier-System und Airbag getestet werden, basieren auf dem Strich-Acht – so zum Beispiel das ESF 05 (1971) und das ESF 13 (1972). Auf diese Weise trug die Stuttgarter obere Mittelklasse der 1970er Jahre dazu bei, Elemente der aktiven Sicherheit in heutigen Autos zu entwickeln.

Die Baureihen W 115/114 in den Medien
Auto, Motor und Sport, Deutschland, Heft 8/1968, schreibt über die Dimensionen der Baureihen W 115 und W 114: „Das Verhältnis der Außenmaße zu Kofferraum und Innenraum ist beim neuen Wagen viel vernünftiger geworden. Sehr vorteilhaft macht sich das beim Parken bemerkbar, denn mit den Durchschnitts-Parklücken mitteleuropäischer Städte kommt man gut aus. Der große Kofferraum ist nicht bloße Theorie: Bei 520 Kilogramm zulässiger Nutzlast kann man ihn auch voll ausnutzen.“
Auto, Motor und Sport, Deutschland, Heft 8/1968, zur passiven Sicherheit des Strich-Acht: „Zwar behauptet heute fast jede Automobilfabrik, eine besonders stabile Mittelzelle und progressiv verformbare Front- und Heckteile zu bauen, aber man kann doch immer noch davon ausgehen, dass in der Solidität und Unfallsicherheit der Karosserie die Mercedes-Autos nur von wenigen erreicht und von niemandem übertroffen werden.“
Auto, Motor und Sport, Deutschland, Heft 8/1968, über die Qualität der Baureihen W 115 und W 114: „Nichts an diesem Wagen ist ‚billig’ gemacht, und diese Tatsache macht sich im täglichen Fahrtbetrieb durch sichere Funktion bemerkbar.
Auto, Motor und Sport, Deutschland, Heft 2/1975, schreibt über den Typ 240 D 3.0, dem weltweit ersten Personenwagen mit Fünfzylinder-Dieselmotor: „Im praktischen Fahrtbetrieb zeichnet sich der ‚große’ Diesel gegenüber den kleineren Vierzylinder-Modellen dann auch durch eine spürbar kultiviertere Gangart aus. Abgesehen vom deutlich besseren Beschleunigungsvermögen profitiert er vor allem bei mittleren und höheren Drehzahlen ganz offensichtlich von den kürzeren Zündabständen, die sich durch die größere Zylinderzahl ergeben. Hinzu kommt der Eindruck erheblich gemilderter Lastwechsel-Reaktionen zwischen ziehendem und schiebendem Motor.“
mot, Deutschland, Heft 17/1970, schreibt über die Typen 220 D und 220 D: „Es sind die technisch imponierendsten Diesel-Typen, die es gab, aber auch die teuersten.“
Auto, Motor und Sport, Deutschland, Heft 15/1974, weiß die neue Starttechnik des 240 D 3.0 zu schätzen: „Außerdem wird bei der neuen Pumpe statt der bisherigen mechanischen Abstellung eine pneumatische Einrichtung verwendet, die es gestattet, den Motor durch einfaches Drehen des Zündschlüssels abzustellen. Auch das Anlassen des Motors geschieht nun […] durch einfache Schlüsseldrehung: In der ersten Stufe wird über Relais so lange vorgeglüht, bis die Kontrollleuchte im Kombiinstrument erlischt, in der zweiten Stufe wird dann der Motor gestartet.
Spiegel Online, Deutschland, 23. Januar 2001, schreibt über das Phänomen Strich-Acht: „Oh Wunder – auch Automobile können zur Entschleunigung beitragen. Natürlich nicht alle, aber der vollmechanische Mercedes-Benz 200 Diesel der Baureihe W 114/115 mit seinen 55 PS, zwei Litern Hubraum und knapp 1,5 Tonnen Leergewicht ist so ein Entschleunigungsfaktor. In unserer von Technik entseelten Zeit ist er die Reinkarnation lang ersehnter Langsamkeit.“
Spiegel Online, Deutschland, 7. Oktober 2003, schreibt zum 35. Geburtstag des Strich-Acht: „Die Mittelklasse-Limousine aus den Jahren 1968 bis 1976 ist ein Ausbund automobiler Sachlichkeit – und geriet dennoch zu einem echten Kult-Objekt.“
Mercedes-Benz Baureihen W 115/114 – Produktionszahlen

Bilder der Pressemitteilung mit den Texten der DaimlerAG: