Tempolimit oder nicht?

„Zur Diskussion, ein generelles Tempolimit auf Autobahnen einzuführen, sagte der Sprecher des ACE Auto Club Europa, Rainer Hillgärtner in Stuttgart:““Das Umweltbundesamt liefert mit seiner Forderung nach einem Tempolimit nur den dünnen Aufguss einer längst überwunden geglaubten Diskussion. Dass geringere Geschwindigkeiten einen niedrigeren Kraftstoffverbrauch und weniger Schadstoffaustoß zur Folge haben, gehört längst zu den Binsenweisheiten. Die meisten Autofahrer ziehen daraus praktische Konsequenzen und sind daher nicht auf eine sendungsbewusste Umweltbehörde angewiesen, die ihnen einen neuen deutschen Fahrstil eintrichtern will. Fakt ist, dass schon heute eine allgemeine Richtgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen gilt, außerdem gibt es eine absolute Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf Landstraßen und innerhalb von Ortschaften eine von 50 bis 30 km/h. In diesem Mix muss sich jeder zweite Autofahrer mit einer Tür-zu-Tür-Geschwindigkeit (Start-Ziel) von weniger als 35 km/h bescheiden. Diese Geschwindigkeit hat nun garnichts mit Raserei zu tun. Nicht übersehen werden darf auch, dass in Hauptverkehrszeiten, die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit auf stark frequentierten Autobahnabschnitten sowieso schon weit unter 130 km/h liegt. Hinzu kommt, dass zahlreiche Autobahnabschnitte mit statischen oder zeitlich begrenzten Tempolimits versehen sind, die zum größten Teil schon unterhalb der 130 km/h liegen. Der ACE befürwortet flexible Höchstgeschwindigkeiten, die sich streng an den jeweiligen Erfordernissen der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes etwa zum Zwecke der Lärm- und Schadstoffminderung orientieren und die über dynamische Verkehrssteuerungsanlagen angeordnet werden. Unter diesen Voraussetzungen ist auch die Bereitschaft der Autofahrer am größten, sich an vorgeschriebene Tempolimits auf Autobahnen selbst dann zu halten, wenn sie unterhalb von 130 km/h liegen. Bei hohem Verkehrsaufkommen oder etwa bei Nebel und Nässe, kann nämlich eine generell angeordnete Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h aus Sicht der Verkehrssicherheit oder des Umweltschutzes schon viel zu schnell sein.““ Kommentar dazu von Peter Schwerdtmann: „“Manchmal muss man Andreas Troge, den Präsident des Umweltbundesamts, auch mal bedauern. Sicher hatte auch er ein paar ruhige Tage zwischen den Jahren verbringen wollen. Doch auf einmal klangen ihm die Ohren, denn die Republik sprach über ihn. Troge sollte Tempo 120 auf Autobahnen gefordert haben, und auf der Suche nach einem medialen Kracher zwischen den Tagen griffen sogar die sonst so auf ihre Seriosität bedachten Medien das Thema an prominenter Stelle in den Nachrichten auf. Dabei hatte nicht Andreas Troge die Nachricht losgetreten, sondern die Redaktion der Berliner Zeitung. Die hatte ein Troge-Interview zu generellen Umweltfragen und Fragen des Klimaschutzes zu der gestrigen Schlagzeile zugespitzt „“Tempolimit für besseres Klima““. Die Verlockung dieser Zeile war offenbar groß. Rasch waren auch noch ein paar der üblichen autofeindlichen Statements eingeholt, und der Sturm im Wasserglas war angerührt. Von Andreas Troge selbst war dazu nichts zu hören. Der wollte sich seine Ruhe vielleicht durch die Überinterpretation eines einzelnen (Neben)-Satzes in einem langen Interview nicht stören lassen. In der Weihnachtspause befanden sich offenbar auch die Experten in den Redaktionen der Nachrichtenagenturen. Sonst hätten die den Zeitungsbericht zum Troge-Interview als sachlich falsch entlarven können. Troge wird in der Berliner Zeitung mit den Worten zitiert: „“Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 120 Kilometern pro Stunde lässt sich der Kohlendioxid-Ausstoß um zehn bis 30 Prozent reduzieren.““ Ein Fachredakteur hätte gewusst, dass das für ein einzelnes Auto auf der Autobahn gilt. Auch Präsident Troge weiß, dass mit Tempo 120 auf den Autobahnen der Kraftstoffverbrauch nicht einmal um zehn Prozent sinkt. Angesichts einer Durchschnittsgeschwindigkeit des Autobahnverkehrs von 117 km/h ist das wohl auch kaum zu erwarten, zumal nur noch auf rund einem Fünftel der deutschen Autobahnen eine Fahrt ohne Limit möglich ist. Auch das Argument höherer Sicherheit vor Unfällen und von niedrigeren Unfallfolgen sticht nicht angesichts einer durchschnittlichen Unfallgeschwindigkeit von weniger als 100 km/h. Trotzdem hat es einen halben Tag gebraucht, bis die ersten Fakten zum Thema in den Redaktionen auftauchten und noch ein paar Stunden länger, bis die öffentlich-rechtlichen und die privaten Medien sie zur Kenntnis nahmen und ein erstes kleines Fragezeichen hinter die Meldung setzten, mit einem Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen könne der Kohlendioxidausstoß aus Personenwagen um bis zu 30 Prozent gesenkt werden. Heute hagelt es Statements, verblüffte angesichts der Irrelevanz des Themas, ärgerliche, die auf die Fakten hinweisen und eben auch solche, die journalistische Sorgfalt auch an Brückentagen und zwischen den Jahren anmahnen.“““