Leserbrief: Erfahrungen mit regenerativem Kraftstoff

Bezugnehmend auf den Artikel: BIOETHANOL ALS ALTERNATIVER KRAFTSTOFF – E85 ??? vom 4.11.2021 erhielten wir den folgenden Leserbrief, den wir unseren Leser/innen nicht vorenthalten wollen:


von Andreas Bauditz

Gerne berichte ich ihnen zu meinen Erfahrungen mit einem regenerativen Kraftstoff, in meinem Fall HVO in 100% reiner Form. HVO, hydrotreated vegetable oil, ein synthetischer Dieselkraftstoff aus biologischen Rest- und Abfallstoffen, ein BtL Kraftstoff (biomass to liquid) also. Auch bekannt sls C.A.R.E Diesel vom finnischen Hersteller Neste.

Seit 2 Jahren fahre ich damit. Nicht in einem meiner Oldtimer, das sind alles Benziner, sondern in meinem 2017er Audi A4 Avant quattro mit dem 3.0 V6 TDI, mein Alltagsauto.

Sie kennen vielleicht das Thema rund um HVO? Dieser erfüllt wegen seiner geringfügig geringeren Dichte nicht die Spezifikation der EN590, also der zugelassenen Dieselkraftstoffnorm, sondern ist in der EN15940. Leider sind EN15940 Kraftstoffe nicht in der Bundesimmissionsschutz-Verordnung (BImSchV) aufgenommen und dürfen (eigentlich) nicht öffentlich verkauft werden. Das zuständige Umweltministerium verhindert dies seit Jahren, vermutlich um die 100% BEV Strategie nicht zu stören. In Baden-Württemberg gibt es aber eine andere Auffassung und der Verkauf wird zumindest geduldet.

So habe ich es geschafft, im vergangenen Jahr lediglich 25% fossilen Diesel zu tanken, der deutlich überwiegende Teil von 75% war HVO. Ich habe nur positive Erfahrungen gemacht und empfinde es als Belästigung und große Zumutung, wenn ich mangels Verfügbarkeit fossilen EN590 Diesel tanken muss.

Die Vorteile, die ich jetzt nach über 30.000 km gesammelt habe:

  • HVO ermöglicht es, zu ca. 90% klimaneutral zu fahren. Nur durch das Tanken dieses Kraftstoffes, ohne Anpassung der Technik. Jedes Dieselfahrzeug kann damit sofort betankt werden, auch ein 50 Jahre alter 200D/8!
  • Der Motor läuft viel ruhiger und geschmeidiger. Durch die höhere Zündwilligkeit (CZ 70!!!) besseres Kaltstartverhalten bei kalten Außentemperaturen.
  • Ich habe deutlich weniger DPF Regenerationen, was ganz klar zeigt, dass die Partikel im Rohgas geringer sind. Auch hier klarer Vorteil für Oldtimer-Diesel, die ja keine Abgasreinigung besitzen und sich nur durch den Wechsel des Kraftstoffes verbessern würden!!
  • Weniger Verbrauch von Harnstoff, d.h. offensichtlich weniger NOx im Rohgas vor NOx Speicherkat/Abgasreinigung. Auch hier Verbesserung bei Oldtimern ohne Abgasreinigung.
  • Meine Standheizung stinkt nicht nach Diesel und ist weitgehend geruchsneutral.
  • HVO ist sauber, wasserklar und hat z.B. keine Aromaten. Dadurch weniger oder kaum Ablagerungen im Motor bzw. AGR System. Das ist ja gerade bei Kurzstrecke ein Dauer-Ärgernis.
  • Zudem sehr lange Lagerfähigkeit, besonders interessant für Oldtimer mit langen und häufigen Standzeiten.

In Summe also nur Vorteile für den Klimaschutz und die Technik! Das blockierende Verhalten des Umweltministeriums ist ein großes Ärgernis! Ich hoffe, dass wir, die Verbraucher, den Druck erhöhen: Anfrage an Politiker, an Verbände, Autohersteller (Freigabe EN15940) und Mineralölkonzerne/Tankstellen („Warum haben Sie kein HVO?“). Da müssen aber wir als Bürger handeln! Sonst entscheiden das andere! Daher auch meine dringende Bitte: schreiben Sie ihrer zuständigen Bundestagsabgeordneten an. Am meisten Verständnis werden Sie zum Thema übrigens bei der FDP finden! Gerade jetzt in den Koalitionsverhandlungen bitte ich um Unterstützung und ermutige dazu, das Thema öffentlich zu machen und Politiker anzuschreiben oder bei der Presse anzufragen.

Ich versuche diese Jahr auf über 80% HVO zu kommen und habe mir daher einen Vorrat an Kraftstoff zugelegt. In seltenen Fällen tanke ich dann mal aus dem Kanister, siehe Bild oben.